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FinTechs und Banken - Konkurrenz oder Kooperation im deutschen Finanzdienstleistungssektor

Wir leben in einer Zeit des Wandels, in der sich alles um uns herum zügig verändert und vieles digitalisiert und einfacher gestaltet wird. Dies betrifft auch eine Transformation des klassischen Bankensektors durch den Einfluss eines relativ jungen Phänomens am Finanzmarkt: den FinTechs. Marie Pietzonka geht im Rahmen dieses Gastbeitrags auf einige Key-Fragen zu diesem Thema ein, zu welchem sie sich durch tiefgründige Recherche im Rahmen ihrer Bachelorarbeit zum Thema: „Konkurrenz und Kooperation im deutschen Finanzdienstleistungssektor am Beispiel der Commerzbank AG“ eine umfassende Meinung bilden konnte.

Wie haben sich Banken und FinTechs innerhalb der letzten Jahre entwickelt?

Die Entwicklung der Banken charakterisiert sich, laut Experten, durch Bankenkrisen, Vertrauensverlusten und steigendem Kostendruck. Diese leiden unter dem Image der veralteten, unmodernen und langwierigen Prozesse, die sie ausführen. Die FinTechs hingegen wecken hohes Interesse, entwerfen neue Geschäftsmodelle, innovative Produkte und generieren somit umfangreiche Investitionsvolumina. Hierdurch sind sie in der Lage die vorherrschenden Kundenbedürfnisse der Schnelligkeit, Flexibilität, Einfachheit und Transparenz zu sättigen und sich gegenüber Banken herauszustellen. Außerdem wird innerhalb der FinTech-Branche ein zunehmendes Wachstum verzeichnet. Während der Corona-Krise kämpfte die noch sehr junge Branche, wie die gesamte Weltökonomie, mit tiefen Gewinneinschnitten. Einige FinTechs sind nicht in der Lage diese Hürden zu meistern. Anderen, wie Finteo, gelingt es per heute die Gewinnrückstände aus der Zeit vor Corona 2019 wieder aufzuholen. Die Banken hingegen stellen sich krisenresistenter auf und können durch ihre historisch begründeten Erfahrungen und durch Rücklagen die Corona-Krise abfangen.

Wie werden sich FinTechs und Banken zukünftig entwickeln?

Die zunehmende Digitalisierung wird sich auch zukünftig auf beide Branchen auswirken. Dabei müssen Banken jedoch mit größeren Umschwüngen rechnen. Die Filialarbeit wird weniger rentabel und noch weniger nachgefragt werden. Die Bank verpflichtet sich zukunftsorientierte Prozesse und Produkte anzubieten, um langfristig noch relevant zu sein. Außerdem stellt sich die Frage, welche Positionen die Bank innerhalb der Wertschöpfungskette einnimmt. Dient sie lediglich als Plattform oder kann sie ihre Relevanz in der Gesellschaft halten?

Der FinTech-Markt wird vermutlich auch weiterhin wachsen, wenn auch nicht mehr wie zu seiner Anfangszeit. FinTechs sind in der Lage die neuen Kundenbedürfnisse zu decken und die junge, neu in den Finanzmarkt eintretende Generation abzuholen. Laut Experten liegen dabei keine logischen Gründe vor, die das Abklingen der FinTech-Entwicklung erklären würden. Die Verwaltung und der Abschluss der Finanzgeschäfte über Online-Portale integriert sich fortlaufend in die Gesellschaft und scheinen immer normaler zu werden. Für die Finanzierung eines Projektes muss längst keine Bankfiliale mehr betreten werden.

Welches Potential bringen FinTechs für Banken mit?

FinTechs stehen für Innovation, Neuartigkeit und digitale Lösungen. Sie generieren hohes Aufsehen und ein modernes Image.  Die Bank ist in der Lage dieses Potential für sich zu nutzen. Beispielhaft lässt sich dafür aufführen, dass einige Banken das Konzept des Crowdinvestings bereits aufgegriffen haben und sich innerhalb des Unternehmens eigene Crowdinvesting-Sparten bilden. Sie übernehmen Ideen der FinTechs und betten diese in ihre Systeme ein. Auch können sie durch eine geeignete Kooperation ein gesamtes FinTech in ihre Infrastruktur integrieren und für sich nutzen.

Können FinTechs auch von Banken profitieren?

Der große Vorteil der Banken gegenüber der FinTechs ist derzeit der Kapitalvorsprung und der Marktanteil. FinTechs werden durch eine mögliche Kooperation in die Lage versetzt sich an dem vorhandenen Kundenstamm einer Bank zu bedienen. Durch die Kapitalstärke würden FinTechs von einem erhöhtem Investitionsvolumen, den Marketinginstrumenten und dem Marketingbudget profitieren.

Wieso stellen Crowdinvesting-FinTechs Konkurrenz für Banken dar?

Crowdinvesting-FinTechs unterliegen geringeren regulatorischen Anforderungen. Banken müssen sich an strenge Antragsstrecken und Vorgehensweisen halten. Aus diesem Grund kann der Prozess durch die FinTechs deutlich schneller abgewickelt werden. Das Crowdinvesting greift dort, wo die Banken aufgrund von Bonität oder Rating nicht mehr dienen können. Laut Experten verzeichnen Crowdinvesting-Plattformen einen größeren Handlungsspielraum, wenn die Bank durch die gegebenen Zahlen der Bilanz eingeschränkt sei. Außerdem können Crowdinvesting-Plattformen gezielter auf die Qualität der Idee oder des Projektes eingehen. Für Unternehmer sind sie ebenfalls vorteilhaft. Die, durch die Plattformen finanzierte, Summe kann als Mezzanine Kapital, eine Mischform aus Eigenkapital und Fremdkapital, verstanden werden und wird von Banken als Eigenkapital angesehen, welches erfolgreich die Bonität verbessert.

Werden Banken in 10 Jahren noch existieren?

Es wird durch die Auswertung der Experteninterviews deutlich, dass FinTechs zwar in der Lage sind Bankgeschäfte abzufangen, aber eine gesamte Verdrängung der Bankenbranche stellt sich, aufgrund der hohen Komplexität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, als schwer möglich heraus. Außerdem können Banken auf eine historisch begründete, weit gefächerte IT zurückgreifen, auf jene beispielsweise auch FinTechs ihre Systeme stützen. Die Bank erfüllt umfangreiche volkswirtschaftliche und einzelwirtschaftliche Funktionen und erweist sich als stark verwurzelt in der Gesellschaft. Lediglich die Positionierung dieser innerhalb der Wertschöpfungskette ist zu hinterfragen

Wie gestaltet sich das zukünftige Verhältnis der beiden Branchen?

Die Experteninterviews zeigen klare Kooperationsansätze und auch Konkurrenzansätze zwischen den beiden Branchen auf. Banken entwickeln sich langfristig weiter, indem sie nach Einzelfallentscheidungen mit geeigneten FinTechs kooperieren und von ihren Lösungsansätzen profitieren. Gleiches gilt für die FinTechs, die bei Kooperation durch den hohen Marktanteil und der Kapitalstärke der Banken ihre Entwicklung sichern können. Die benannte Einzelfallentscheidung schließt dabei eine Kooperation aus, sobald das FinTech eine gewisse Größe erreicht oder spezielle Beschäftigungsfelder der Banken angreift. Zusammenfassend lässt sich formulieren, dass eine klare Aussage über Konkurrenz- oder Kooperationsverhalten der beiden Branchen nicht zu treffen ist. Da FinTechs allerdings eine Veränderung innerhalb des Finanzdienstleistungssektors hervorbringen und diesen damit in die Position der Veränderung drängen, sind sie als Segen der Zukunft zu betrachten. Die Entwicklung der beiden Branchen kann auch in Zukunft mit großem Interesse verfolgt werden, denn sie ist noch lange nicht am Ende.